Kurzbericht zum ersten Prozesstag vom dritten Heini

Die Drei Heinis

3. Akt, 2. Teil

Kurzbericht zum ersten Prozesstag vom dritten Heini

Am Dienstag, den 24.09.2019 hat der erste Prozesstag vom dritten Heini stattgefunden. Ihm wird hauptsächlich vorgeworfen, bei einer Videokundgebung am Heinrichplatz gegen Polizeigewalt nach dem G20 Gipfel einem Bullen ein Bein gestellt zu haben.

Zunächst hat der Heini seine Prozesserklärung verlesen. Sie ist in einem weiteren Artikel auf unserem Blog veröffentlicht: https://diedreiheinis.noblogs.org/post/2019/09/27/prozesserklarung-vom-dritten-heini/

Beim Prozess waren zwei Bullen als Zeugen geladen, wovon einer nicht aufgetaucht ist. Der Richter hat versucht, bei der Befragung des ersten Bullen den Anschein zu machen, dass es ihm um so etwas wie tatsächliche Aufklärung gehen würde. Der erste Bulle hat nicht sonderlich viel Belastendes von sich geben können. Er sei auf dem Weg Richtung Fahrbahn gewesen, um nach Beendigung der Kundgebung die dort verbliebenen ehemaligen Kundgebungsteilnehmer*innen von der Straße zu räumen.
Dabei habe der dritte Heini ihm im Weg gestanden. Der Bulle behauptet, den Heini aufgefordert zu haben zur Seite zu treten. Ja, vielleicht hat der Bulle ihn auch an der Schulter berührt oder ein bisschen geschubst, dass könne er jetzt nicht mehr so klar sagen oder auch nicht ausschließen. Dann sei da auf einmal ein Bein gewesen, was ihm ganz klar von der Seite in den Weg gestellt worden sei.
Ob der Bulle das denn gesehen habe? Nein, das hat er nicht. Das sei so sein Gefühl gewesen. Woher er das denn nehmen würde? Na aus der Erfahrung: er könne doch sehen ob ihm jemand ein Bein stellen möchte, er sei ja keine 12 Jahre mehr alt.
Ob dem Bullen wohl schon viele Beine gestellt wurden? Er sei daraufhin dramatisch ins Straucheln geraten und habe sich gerade so noch auf den Beinen halten können. Dann sei ihm der zweite Bulle zur Hilfe geeilt und habe den Heini zur Identitätsfeststellung in Gewahrsam genommen.

Das Märchen vom gestellten Bein reiht sich ein in unter Strom gesetzte Türknäufe, Säurekonfetti und allerhand an den Haaren herbeigezogene Storys der Bullen. Auch Polizeigewalt und anlasslose Eskalation seitens der Bullen sind nichts neues. Und mit den 2017 durchgedrückten Gesetzesverschärfungen von §§ 113, 114 zum Widerstand und tätlichen Angriff gegen Vollstreckungsbeamt*innen ist`s für die Bullen und die Justiz noch leichter möglich geworden, ihre Märchen Realität werden zu lassen.

Als Fortsetzungstermin ist der 22.10.2019 angesetzt. Dabei wird der zweite Bulle vernommen werden.
Der Termin wird sich möglichweise verschieben, wir halten euch auf dem Laufenden.

diedreiheinis.noblogs.org/

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Prozesserklärung vom dritten Heini

Von einem, der auszog das Sprechen zu lernen,
aber dann….

Es war einmal ein kleiner Junge.
Dieser Junge hieß Heinrich und der lebte in einem kleinen beschaulichen Städtchen.
Heinrich war ein sehr aufgewecktes Bürschlein und ging artig zur Schule und brachte viele gute Noten nach Hause. Hin und wieder auch mal eine zwei, aber nicht sehr oft. Lieber Einsen.
Heinrichs Eltern mochten das mit den Noten sehr gerne und so verlebten sie viele gute Tage.
Eines Tages ging es in der Schule um ein Wort, das hatte Heinrich noch nie gehört.
Das Wort hieß „De-mo-kra-tie“.
Der Lehrer sagte: „Heinrich! Du lebst in einer Demokratie. Weißt du, was das bedeutet?“
Heinrich sagte: „Nein, Herr Lehrer. Aber ich bin mir sicher, und ich hoffe sehr, dass sie mir das in Kürze gütigst erklären werden. Denn ich bin ein sehr aufgewecktes und wissbegieriges Bürschlein!“
Der Lehrer sagte: „Nun gut liebe Kinder, dann spitzt mal die Ohren, nehmt euch die Feder zur Hand, öffnet das Tintenfässchen und los gehts:
In der Demokratie ist das so, dass die Gewalt vom Volke ausgeht.
Das bedeutet, die Menschen haben ein Mitspracherecht, über alles, was in diesem Land geschehen und nicht geschehen soll.“
Das fand das Bürschlein doch höchst interessant. Ganz gerade saß es da plötzlich in der Holzbank unter dem Lehrerpult und schaute nach oben und fragte:
„Herr Lehrer, Herr Lehrer, das finde ich ja höchst interessant. Aber wie funktioniert….“
„Heinrich!“, sprach der Lehrer. „Wirst du mich wohl nicht unterbrechen. Und wenn du eine Meinung abzusondern hast, dann melde dich, und ich werde entscheiden, ob es an der Zeit ist, sie zu hören.“
Und der Lehrer redete und redete und Heinrich hörte zu.
Aber Heinrich war ein sehr aufgewecktes und wissbegieriges Bürschlein und so vergaß er nicht, dass er eigentlich noch etwas fragen wollte.
Der Tag zog sich zäh und dick wie Kartoffelbrei durch das stickige Klassenzimmer, … bis die Schulglocke ging.
Alle Kinder rannten schnell aus dem Schulhaus und spielten draußen fröhlich miteinander in den blühenden Wiesen des kleinen beschaulichen Städtchens.
Nur Heinrich nicht.
Der schlurfte nach Hause.
Ganz gebeugt und traurig sah er aus dabei.
Er ging nach Hause zu seinen Mamas und sagte:
„Mama, Mama….liebe Frau Mama, wir haben heute Demokratie durchgenommen, und der Lehrer hat gesagt, dass alle ein Mitspracherecht haben, stimmt das?“
„Ja, Heinrich, das stimmt“ sagte die Mama.
„Aber dann wollte ich etwas fragen, und dann durfte ich das nicht. Das passt doch gar nicht zusammen.“
Die Mama sagte: „Ja, das leuchtet mir ein. Vielleicht kannst du dich beschweren?“
„Aber Mama, das geht doch nicht. Nachher krieg ich noch eine schlechte Note. Wie zum Beispiel eine drei, oder … um Gottes Willen … eine vier!“
„Heinrich!“, sprach die Frau Mama. „Du gehst morgen da hin, und du sagst deine Meinung, und du wirst sehen, wir leben in einer Demokratie, und alle werden deine Meinung schätzen, und du wirst lernen dich zu artikulieren. Auf der Stelle!“
Da ging Heinrich erschöpft und verwirrt ins Bett und tat bis zum frühen Hahnenkrähen nicht eines seiner beiden Äuglein zu.
Morgens ging er ganz aufgeregt in die Schule.
Und er traute sich und sagte seine Meinung und er bekam eine sechs wegen Frechheit und musste überdies auch noch zum Schulführer…äh Schulleiter.
Heinrich lernte: ganz so einfach ist das mit dem Mitspracherecht eben nicht.
Man muss sich das Mitsprechen auch in der Demokratie dann doch meist erlauben lassen.

Die Jahre gingen ins Land, und Heinrich war weiterhin ein sehr aufgewecktes und wissbegieriges Bürschlein. Aber es hatte sich doch ein schwacher Schatten hinter seine Augen geschlichen.
Wenn du nicht genau hinschautest, dann war er kaum zu bemerken.
Doch an hellen Sonnentagen und wenn du ganz genau beobachtet hast, dann konntest du sie sehen: die Skepsis hinter seinen Augen.

Heinrich wurde zu einem sehr aufgeweckten und wissbegierigen jungen Mann.
Mit seinem Körper wuchsen nicht nur plötzlich überall Haare, sondern auch die Skepsis fand ständig guten Nährboden.
Sie konnte sich nähren auf dem ersten Behördengang, oder in der Kirche, ja selbst in der so lustig daherfahrenden Bimmelbahn des kleinen beschaulichen Städtchens – überall wusste die kleine Stimme in seinem Kopf Fragen zu stellen – und Heinrich begann diese Stimme zu mögen.
Sie gab ihm das Gefühl, ein eigenständiger Mensch zu sein.
In dem kleinen beschaulichen Städtchen war es für die erwachsenen Skeptischen – so nannte man diejenigen mit diesen fragenden Stimmen im Kopf – da war es also für die Skeptischen üblich, die Meinung zu sagen.
Das war für sie ein großer Wert, dieses sagen der eigenen Meinung.
Und ihr könnt euch vorstellen, wie das dem Heinrich gefiel.
Es gab manchmal ganze Versammlungen auf der Straße, wo die Leute auf der Fahrbahn liefen (die ja normalerweise eigentlich für die Adligen mit den großen Kutschen gedacht war):
und sie sagten ihre Meinung. Frei und ohne Angst. Und sie sagten sie laut und sie sagten sie leise, und sie sagten sie wütend und aber auch mal ganz lustig.
Da lief der Heinrich fröhlich hin und rief:
„Heda, ihr Skeptischen, ich will bei euch mitmachen!“
Und die Skeptischen lachten und schwenkten ihre Schirmmützen und sagten:
„Heda, aufgeweckter, wissbegieriger junger Mann. Na klar, komm ran aufn Meter und sag mit uns deine Meinung in dieses kleine beschauliche Städtchen hinein. Das ist verdammich nochmal dein Recht. Lass dir das nicht nehmen – auch nicht von denen da.“
Und Heinrich wunderte sich und fragte sich wen sie wohl meinen könnten.
Aber ach, da war es schon zu spät.
Aus einer Seitenstraße kamen große, gleichgekleidete Leute mit Stöcken und sie schlugen mit den Stöcken auf die Skeptischen ein.
Und Heinrich war ganz erschrocken und zwischen den Schlägen da schrie er:
„Aber halt, liebe große, gleichgekleidete Leute mit den Stöcken, haltet ein. Warum schlagt ihr so auf uns Skeptische hernieder?!“
„Halts Maul. Geh aus dem Weg oder ich nehme dich mit“, sagte eines der großen gleichgekleideten Leute mit einem Stock.
„Aber wohin denn mitnehmen? Und wieso? Wir haben doch das Recht hier unsere Meinung in das kleine beschauliche Städtchen hineinzusagen oder nicht?“, und er hatte etwas Angst, aber er war auch ein bisschen stolz, dass er nun inzwischen so ganz skeptisch Fragen stellen konnte.
Da nahmen ihn die großen, gleichgekleideten Leute mit den Stöcken mit und sagten:
„Das hast du dir nun selbst eingebrockt. Wer mit den Skeptischen verkehrt, der weiß nie, ob da nicht auch Terroristen sich untermischen. Und nun müssen wir sagen, weil du standest und Fragen gestellt hast, anstatt weg zu gehen, glauben wir zu wissen, dass du vlt auch einer von den Terroristen bist. Aber das wird sich vor Gericht ja herausstellen.“
Da bekam es der Heinrich so richtig mit der Angst zu tun.
Gericht?, dachte er bei sich. Na das kann ja was werden.
Eine sechs hast du schon in der Akte, jetzt kommen als nächstes die schwedischen Gardinen?
Also ein Demokrat zu sein, und die Meinung zu sagen, das ist schon sehr schwierig in der Demokratie.
Als Heinrich mit ein paar blauen Flecken die Wachstube der großen, gleichgekleideten Leute mit den Stöcken verließ, da staunte er nicht schlecht.
Da standen viele der Skeptischen und die lachten und schwenkten ihre Schirmmützen und riefen:
„Heda, aufgeweckter, wissbegieriger junger Mann, hier nimm doch erstmal einen Kaffee und denn aber mal zackig ab zum Anwalt. Hier hast du ein paar Gulden, die haben wir gesammelt, das sollte reichen, dass der Anwalt mit dir redet.“
Und da lief der Heinrich! Seine Füße trugen ihn über das Kopfsteinpflaster, und er lief und er lief,…
Und wie er so lief überkam ihn eine Freude. Sich so frei über das Pflaster zu fliegen, das ist schon was schönes. Heinrich merkte: Nein, die schwedischen Gardinen….die sollten es nun nicht sein.
Und so saß er dann beim Anwalt.
Der Anwalt saß lässig in einem Lehnstuhl, kaute auf seinem Federkiel herum und wühlte sich durch einen Stapel Papier. Und er sagte so Sachen wie „Mmmh!“, oder „Uiuiui!“, oder auch mal „Du meine Güte!“ So lange bis es Heinrich nicht mehr aushielt, und Heinrich rief:
„Heda, Anwalt, nun sprich! Was wird denn jetzt aus mir?“
Der Anwalt setzte an und sagte „Mmmh, (und Heinrich wäre fast explodiert) also das ist ja eine ganz schwierige Sache.“
Und das Herz rutschte Heinrich in die Hose.
„Heinrich, weißt du“, fuhr der Anwalt fort, „ob du etwas getan hast oder nicht, das ist hier gar nicht die Frage. Die Frage ist, wem geglaubt werden wird. Und ich muss dir aus Erfahrung leider sagen, geglaubt wird meistens den großen, gleichgekleideten Leuten mit den Stöcken.
(Quelle einfügen) „
Heinrich sagte: „Das ist ja seltsam, sind denn vor Gericht die Menschen nicht alle gleich? Es waren doch ganz viele andere da, die haben noch kurz vorher lustig mit ihren Schirmmützen geschwenkt und ihre Meinung in das kleine beschauliche Städtchen hineingesagt. Die sagen bestimmt dem Gericht wie es war.“
Da blickte der Anwalt traurig auf seinen Tisch und sagte: „Ja, so steht es im Gesetz. Aber weißt du, die großen, gleichgekleideten Leute mit den Stöcken, die machen das ja auch nicht zum ersten Mal und die sprechen sich sehr gut ab. (Quelle) Und wenn die gewinnen im Prozess, und das tun sie eben meistens, dann sind sie im Recht. Und, Heinrich, weißt du was sie dann machen, wenn das hohe Gericht sagt, das sie im Recht sind?“
Heinrich schaute ihn weiterhin fragend an, denn es war klar, dass diese Frage rein rethorischer Natur gewesen war und Heinrich war ein bisschen genervt über diese seltsam väterliche Art, mit der der Anwalt ihn so belehrte.
„Sie zeigen deine Zeugen wegen Falschaussage an. (Quelle) Das können sie machen, denn das Gericht hat ja vorher offiziell bestätigt, dass sie gelogen haben müssen, weil die großen, gleichgekleideten Leute mit den Stöcken ja Recht bekommen haben … also, du siehst wohin das führt?“
„Ja, ich verstehe das, ich bin ja nicht blöd“, sagte Heinrich wütend, vlt auf den Anwalt, vlt auf die ganze Situation, er wusste es selber nicht so genau.
„Ich bin jetzt also ganz alleine, ja? Das haben die sich ja hübsch ausgedacht, einfach immer alle hinterher anzuzeigen, dass man dann ganz allein ist und sich nicht traut die Leute dann zum reden zu fragen. Jetzt hab ich aber eine Stinkewut. Was machen ich denn jetzt? Ich selber sag denen einfach wie´s war, oder können die mich dann auch wegen Falsch…“
„Mmmh,“ sagte der Anwalt, und Heinrich hätte sich am liebsten ein Kienspan genommen und ihn sich ins Auge gerammt angesichts dieser unseligen Ruhe des geschulten Anwalts.
„Mmmh, also das würde ich an deiner Stelle lassen. Das birgt ja immer die Gefahr, dass du dich selbst belastest. Und das kommt dann einem Geständnis gleich. Und du ahnst gar nicht, was schon alles als Geständnis….“
„ABER WAS DENN DANN!?“, schrie Heinrich und gleichzeitig tat es ihm leid, denn der Anwalt versuchte ja wirklich nur, ihm zu helfen und konnte ja schließlich auch nichts für die ganze Situation.
„Ich werde versuchen, zu beweisen, dass die großen, gleichgekleideten Leute mit den Stöcken falsch liegen, nur anhand von diesem Stapel Papier.
„Ach, sowas kannst du?“, fragt Heinrich ganz aufgeweckt und wissbegierig.
„Mmmh,“ sagte der Anwalt, „ich sag dir gleich, ohne Strafe kommst du da nicht weg. Wir müssen uns einstellen darauf, dass wir per Handschlag Vereinbarungen treffen müssen.“
„Strafe….puh…was denn für eine Strafe?“
„Das kommt drauf an. Die großen, gleichgekleideten Leute mit den Stöcken werden vermutlich sagen, dass du sie hochgefährlich angegriffen und in höchste Not und Gefahr gebracht hast, und sie nur knapp mit dem Leben davongekommen sind und auch überhaupt damit rechnen, dass du deine lieben langen Tage mit solcherlei Tätigkeiten verbringst, und selbst wenn noch nicht Aktenkundig, du durchaus Stadtbekannt bist für diese Art Zeitvertreib und sie werden sich gegenseitig als Zeugen aufrufen und…“
„GENUG! Sie machen mir ja eine Heidenangst!
Ich sie angegriff…
Das sind doch die groß…
Schaun sie mich doch mal…
Wie soll ich…
Sie in höchste Not und …“
„Entschuldige. Ich werd sehn was sich machen lässt. Ich fahr jetzt erstmal in den Urlaub und dann schauen wir weiter ja? Das ist ja noch ein bisschen hin.“
Ganz schwindelig war dem Heinrich und er lief rastlos durch die Stadt und er traf zufällig ein paar der Skeptischen mit den Schirmmützen, die nun gar nicht mehr fröhlich lachend „Heda!“ riefen. Nein, sie schauten ganz ernst drein und sie wussten wovon der Heinrich da redete, denn sie hatten das zumeist ja selber schon erlebt.
Zusammen besorgten sie sich ein großes Stück Stoff, ein paar Pinsel und etwas Farbe.
Auf das Stück Stoff schrieben sie die Frage:
„Wie kannst du entscheiden, wenn du gar nicht alle Seiten kennst?“
Am Tag des großen Prozesses brachten sie die Frage auf dem Stück Stoff mit, denn zum reden getraute sich niemand. Aber aufhängen durften sie es nicht im großen Gerichtssaal.
Denn im Gerichtssaal muss eine andächtige und ehrfürchtige Stimmung sein, damit die Angeklagten auch schön es mit der Angst zu tun bekommen, wenn sie draußen wieder auf die Idee kommen sollten, ihre Meinung in das schöne beschauliche Städtchen hineinzusagen.
Heinrich nahm sich an diesem Tag zwei Sachen vor, egal was dieser Prozess bringen sollte.
Erstens: Das Meinung in das beschauliche Städtchen hineinzusagen muss man weitermachen, auch wenn sie einem versuchen die Angst in den Nacken zu pflanzen. Sonst bleibt alles wie es ist, und so wie es ist soll es nicht bleiben. Und wird es sowieso auch nicht.
Zweitens: Heinrich würde keinen Handschlag nicht drauf geben, dass er seine eigene Strafe abnickt.
Wenn sie urteilen, ohne zu wissen was geschah, weil sie einem so mit der Strafe drohen wenn man´s sagt, dann sind das nicht die Regeln, wo der Heinrich einen Handschlag drauf geben kann. Dann müssen sie das selber machen. Auch wenns das am Ende vielleicht schlimmer macht. Im Ganzen muss der Heinrich nämlich gesund bleiben, mit seiner fragenden Stimme im Kopf.
Und da seid euch sicher: Ob mit Strafe oder ohne…seinen fragenden Kopf…ja den ….den hat er heile aus der Nummer herausbekommen.

„Heda, ihr Skeptischen!“, rief Heinrich einige Zeit später. „Danke, dass ihr an meiner Seite wart. Und das ihr mit mir Fragen gefragt habt…und das ihr mit mir zusammen die Meinung in das beschauliche Städtchen hineingesagt habt…und auch das mit dem Pinsel und der Farbe.
Ich weiß gar nicht was ich sagen soll….Ich weiß jetzt, dass ich mich auf die großen, gleichgekleideten Leute mit den Stöcken nicht verlassen kann. Und auf gerechte Prozesse nicht zu hoffen brauche….Ich will auf jeden Fall meine Meinung weiter sagen und auch viel tun, dass sich was ändert, weil…“
Da lachten die Skeptischen wieder, und schwenkten ihre Schirmmützen, und freuten sich.
Aber hinter den Augen der Skeptischen, wenn du ganz genau hinschautest, da konntest du ihn wieder entdecken, diesen Schatten:
eine Traurigkeit, über diejenigen, die fehlten – die grad nicht mitlachen und mitschwenken konnten. Über diejenigen, die allein und eingesperrt waren.

Jaja…, es gab noch sehr viel Meinung zum Sagen und sehr viel Taten zum tun…
Aber wenn sie sie sagten, und wenn sie sie taten, dann fühlten sie sich lebendig und wussten es würde sich etwas ändern…

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Die Drei Heinis dritter Akt

Nun ist das warten auch für den dritten Heini endlich vorbei.
Am 24. September um 09.00h, soll er nun von den Richtenden beäugt werden, um im Anschluss über ihn zu richten.
Die Verhältnisse sind erdrückend, ähnlich wie bei den anderen beiden Heinis auch schon. Diesmal sind es zwei Bullen, die geladen sind.
Doch der dritte Heini gibt sich nicht geschlagen und versucht mit der Hilfe seiner Anwältin und unserem Support das beste aus der Situation zu machen.
Auch diesmal besteht die Chance auf einen langen Prozess und die Anwesenheit der Gäste ist gern erwünscht.
Seid herzlich willkommen mit uns die kritische Masse gegen das richtende System darzustellen, present zu sein und selbstbewusst aufzutreten.
Wir seh’n uns!

Und für alle, die noch nicht von den Drei Heinis gehört haben, hier die ausführliche Variante….

Polizeigewalt nach Kundgebung gegen Polizeigewalt

Im Herbst 2017 fand nach dem G20 Gipfel in Hamburg am Heinrichplatz eine Kundgebung gegen
Polizeigewalt statt. Nachdem die Teilnehmer*innen durch die Polizei gewaltsam von der Straße
geräumt wurden, sind drei Aktivist*innen wegen versuchter Gefangenenbefreiung, Widerstand
gegen Vollstreckungsbeamte, Tätlichem Angriff, Landfriedensbruch und Körperverletzung
angeklagt. Am Dienstag, den 24.09.2019 findet um 8 Uhr vor dem Amtsgericht Tiergarten in der
Turmstraße 91, 10559 Berlin eine Kundgebung zum letzten der drei Prozesse statt. Der Prozess
selber beginnt um 9 Uhr in einem noch unbekannten Saal, solidarische Prozessbegleitung ist sehr erwünscht.
Die Kundgebung am Heinrichplatz richtete sich gegen Polizeigewalt, gleichzeitig hat dort weitere
Gewalt durch die Berliner Polizei stattgefunden. Durch das gewaltvolle Vorgehen der Polizei
müssen sich nun drei Aktvist*innen mit Gerichtsverfahren herumschlagen. Die Prozesse sind
weitere Beispiele für die Folgen der Verschärfungen der §§ 113 und 114, Widerstand und Tätlicher
Angriff gegen Vollstreckungsbeamte. Diese noch kurz vor dem G20 Gipfel umgesetzte
Verschärfung und die Verschärfungen der Landespolizeigesetze reihen sich ein in ausufernde
polizeiliche Befugnisse und entgrenzte Kontrolle staatlicher Gewalt.
Aktivist*in Oskar dazu: „Der Prozess steht in Solidarität mit Gefangenen und Betroffenen der
ausufernden staatlichen Repression. In Hamburg wurden am zweiten Jahrestag drei Personen
verhaftet. Ihnen wird vorgeworfen, Brandstiftungen geplant zu haben. Auch sonst ruhen
Staatsschutz und -anwaltschaft nicht. Im Zuge des polizeilichen Vorgehens am Rondenbarg
während des G20 kündigte die Staatsanwaltschaft zuletzt an, die Verfahren von etwa 100
Beschuldigten zu bündeln. Aber wir lassen uns nicht einschüchtern.
Für eine Gesellschaft ohne Knäste!

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Interview zum zweiten Heini-Prozess

Die Drei Heini‘s
2. Akt 3. Teil

Die Aufarbeitung

Nun wenden wir uns wieder einmal an euch mit ein „wenig“ Output. 🙂
Mit dem Weg sich selbst vor Gericht zu vertreten, wie es der zweite Heini gemacht hat, gibt es in letzter Zeit wenig oder keine praktischen Erfahrungen bezüglich dieser Schwere der Vorwürfe.
Da dieser Weg nicht nur für den Heini aus Überzeugung geschehen ist, sondern wir auch durchaus ein experimentelles Potenzial in dieser Form des Widerstandes sehen, möchten wir mit dem folgenden Artikel die Gedanken bearbeiten, die wir uns gemacht haben, die Konsequenzen beleuchten, derer wir uns bereits bewusst sind und Handlungsspielräume eröffnen, welche wir durch die tiefgehende Auseinandersetzung mit dem Rechtssystem kennenlernen konnten.
Wir begreifen unsere Arbeit nicht nur als Unterstützung für Die Drei Heinis, sondern sehen dies auch aus vielerlei Hinsicht als große Möglichkeit, Diskussionen in der Szene anzustossen, um neue Wege zu erschliessen und wieder offensiver mit Repressionen umgehen zu können.
Wir haben für diesen Artikel eine Art Interview Format gewählt, um so besser die verschiedenen Seiten beleuchten zu können.
Im Folgenden beschäftigen wir uns mit der Entwicklung Einzelner und der Gruppe, betrachten die Vor- und Nachteile sich selber zu verteidigen, welche Möglichkeiten es gibt, den Gerichtsaal zu erobern. Aber auch, inwiefern die Verweigerung der Logik der Gerichte überhaupt möglich ist und die damit einhergehende politische Relevanz unserer Handlungen. Und zu guter Letzt gehen wir darauf ein, was wir daraus ziehen können, sei es Energie, Selbstbewusstsein oder auch was wir vielleicht eingebüßt haben.
Den Artikel veröffentlichen wir diesmal auf unserem neuen Blog, welchen wir lieber spät als nie nutzen möchten. 🙂

Wir wünschen euch viel Spaß beim lesen und hoffen sehr, dass wir uns am 24.September um 09.00h in der Turmstr. 91 zum nun dritten Prozesses der Heinis sehen und euch wiedermal als Unterstützer*innen begrüßen können.

Fette solidarische Grüße an alle Gefangenen! Mit besonderem Blick auf „Die Drei von der Parkbank“ und „Die Drei von der Autobahn“, welches die neuesten Opfer der präventiven Abwehrmethoden dieser widerlichen, repressiven Staaten sind!
Freiheit für alle Gefangenen!!!!

Die Drei-Heini-Crew

Hier das Interview:

Wie sah der Gruppenprozess im Laufe der ersten beiden Prozesse aus?
Antwort Support-Kreis:
Eine wichtige Erfahrung für uns als Support-Kreis war das Empowerment im Laufe der Vorbereitung auf den Prozess und während des Prozesses selbst. Das mag im ersten Moment kontraintuitiv erscheinen, weil es sich ja um eine Situation handelt, in der mensch mit Repression zu tun hat. Sich jedoch aus einer Situation der (vermeintlichen) Ohnmacht gegenüber der Repression in eine Position aktiver, kollektiver Mitbestimmung zu versetzen, haben wir als sehr empowernd erlebt.
Die Selbstermächtigung ist für uns ein zentraler Erfahrungswert der Anti-Rep-Arbeit.
Das bedeutet, aus der Repression nicht „nur“ einen Abwehr-Kampf zu machen bzw. die Anti-Rep-Arbeit nicht „nur“ als aufgezwungene Reaktion zu sehen, sondern sie aktiv und selbstbestimmt mitzugestalten. Auf diese Weise kann den eigenen politischen Standpunkten Ausdruck verliehen werden, zum Beispiel über der Prozess, die Gerichtsverhandlung selbst, aber auch Drumherum im Rahmen einer Kundgebung mit Redebeiträgen, über Flyer, Plakate, veröffentlichte Artikel usw.
So haben wir die Erfahrung gemacht, dass der Rahmen des Gerichts aktiv mitbestimmt werden kann und mensch den Logiken des Justizsystems nicht vollkommen unterworfen ist. So konnten wir mit einem selbstbewussten Gefühl, mehr oder weniger frei vom Gefühl der Fremdbestimmung aus dem Gericht rausgehen.

Die Dinge selber in die Hand zu nehmen, bedeutete auf der anderen Seite auch viel Druck und Verantwortung gegenüber der betroffenen Person. Viel Arbeit wurde nicht in die Hände einer anwaltlichen Unterstützung gelegt, was uns viel Druck hätte ersparen können. Auf der anderen Seite haben wir uns bewusst dagegen entschieden, um mehr eigenen Handlungsspielraum zu haben. Nur in einzelnen Fragen haben wir uns von einer Anwältin unterstützten und beraten lassen.
Die gemeinsam gemachte Arbeit und von uns getragene Verantwortung hat bedeutend zu unserem Gruppengefühl und zur Gruppenstärke beigetragen.

Durch den Prozess haben wir außerdem die Erfahrung gemacht, dass eine offensive Selbstverteidigung nicht per se zu härteren Urteilen führt (zumal, wenn sie “nur” dazu genutzt wird, ein politisches Statement zu setzen). Das Urteil lag sogar niedriger als (von einzelnen) erst angenommen.

Darüber hinaus hat auch eine theoretische Auseinandersetzung innerhalb der Gruppe stattgefunden. Wir haben uns in die Grundlagen des Rechts-, Straf- und Gefängnissystems eingearbeitet und uns mit Alternativen zum Straf- und Gefängnissystem (Stichwort: Transformative Justice) auseinandergesetzt. Auch diese Arbeit haben wir als empowernd erlebt und konnten uns in einem gewissen Maße die Mittel des Gerichts aneignen, um sie gegen dieses zu wenden. Konkret kann das zum Beispiel heißen, sich in das Schreiben von Beweisanträgen einzuarbeiten und/oder die eigenen Rechte (vor Gericht) zu kennen.

Wo siehst du die Vor- und Nachteile, sich selbst vor Gericht zu verteidigen?
Antwort Support-Kreis:
Vorteile sehen wir in verschiedenen Punkten. Einerseits bedeutet es für uns, sich nicht (oder so wenig wie möglich) auf die Logik des Gerichts und des Justiz-/Strafsystems einlassen. Aus diesem Grund wurde keine anwaltliche Vertretung in Anspruch genommen, da Anwält*innen ein Teil des Rechtssystems sind.
Wir haben uns bewusst von der Illusion verabschiedet, in einem “gerechten” Verfahren die eigenen Möglichkeiten auszuloten. Stattdessen haben wir darauf gesetzt, die eigene Meinung offensiv kundzutun und der repressiven Stimmung des Gerichts somit zumindest ein wenig entgegenzutreten.
Außerdem wollten wir neue Strategien vor Gericht wagen und so auch gute Erfahrungen machen, die auch andere ermutigen können, diesen Weg zu gehen.

Nachteile können sich je nach Standpunkt und Ausrichtung der Selbstverteidigung ergeben. Wenn die betroffene Person sich selber verteidigt und das Ziel hat, zum Beispiel die eigene “Unschuld” zu beweisen, fehlt einem im Zweifel die anwaltliche Erfahrung, vor allem in der Befragung. An den entscheidenen Stellen werden dann ggf. nicht die notwendigen Fragen gestellt, die die “Unschuld” belegen könnten.
Die Möglichkeit, sich selbst zu belasten, ist an dieser Stelle auch sehr groß. Im Zweifel halten Anna und Arthur immer noch das Maul!

Wir konnten in dem Prozess leider nicht alles ausschöpfen, weil wir (wegen frühzeitiger Räumung des Gerichtssaals) nicht alle Mittel anwenden konnten, die wir vorbereitet haben (Beweisanträge, Befragung). Aus diesem Grund ist unsere Erfahrung auch begrenzt; Es wäre sehr interessant gewesen, welche Reaktion die Beweisanträge hervorgerufen hätten.
Die Räumung des Gerichtssaales, als Reaktion auf die kleinen Interventionen von Seiten des Publikums am Anfang, hat leider dazu geführt, dass wir nicht alle Mittel ausspielen konnten. Hier kann sich also die Frage gestellt werden: Möchte mensch am Anfang lieber die Füße still halten, um zum Beispiel den Fokus auf Anderes (die Befragung etc.) zu legen. Das Gericht funktioniert so autoriär, dass selbst bei kleinen vereinzelten Störungen geräumt wird, sodass es sich lohnt, sich diese Fragen vorab zu stellen.

Welche Möglichkeiten gibt es, den Rahmen des Gerichts selbst zu gestalten?
Antwort zweiter Heini:
Den größten Handlungsspielraum habe ich dadurch gewonnen, dass ich mich selber vertreten habe. Es hat mir die Möglichkeit gegeben, Anträge zu stellen, Zeug*innen-Befragungen zu machen und selber in Kontakt zu den Richtenden zu stehen, die einen sonst gern einfach ignorieren, wenn man mit Anwält*in auftritt. Und durch die gute Vorbereitung hatte ich ebenfalls den Überraschungsmoment auf meiner Seite. Dadurch war die Richterin in einigen Situation über den Nachdruck von Forderungen und dem angewandten Wissen bei Gericht wirklich verwundert.

Antwort Support-Kreis:

1. Kleine Interventionen während des Verfahrens:

– den Anweisungen/Regeln des Gerichts nicht (direkt) Folge leisten, z.B. sich nicht oder verlangsamt erheben, wenn die Richterin den Saal betritt.

– Zwischenrufe/Kommentare/Sprechchöre

– Mimik/Gestik, z.B. Grimassen schneiden, Kopf schütteln etc.

Das Ziel bei solchen Interventionen ist es, zum Ausdruck zu bringen, dass mensch die Logik des Gerichts nicht teilt, nicht akzeptiert, ihr widerspricht und ihr (möglichst) keine Folge leistet. Dabei muss mitbedacht werden, dass solche Störaktionen dazu führen können, dass das Publikum aus dem Gericht geworfen wird und dann kein Support mehr für die angeklagte Person anwendend ist.

2. Die „Regeln“ des Gerichts kennen, um die eigenen Handlungsspielräume ausloten zu können:
Nach Regel xy ist es der angeklagten Person jederzeit erlaubt, den Gerichtssaal zu verlassen (Ausnahmen: während der Verlesung der Anklageschrift, des Urteils oder wenn eine Bewährungsstrafe im Raum steht). Darüber hinaus ist nicht genau festgeschrieben, wann die angeklagte Person das „Opening Statement“ verlesen darf.

3. Eigenen Themen Aufmerksamkeit verschaffen:
Es gibt die Möglichkeit, Themen auf den Tisch zu bringen, die sonst ausgeblendet werden, wie zum Beispiel Polizeigewalt, die nicht anzeigbar ist (Polizeigewalt bis hin zu Polizeimorden werden auch in vielen Fällen vom Gesetz geschützt) oder es keine Aussicht auf Erfolg bei einer Anzeige gibt bzw. die Gefahr einer Gegenanzeige im Raum steht.
So können konkrete Fälle von Polizeigewalt zum Beispiel in der Bullenbefragung thematisiert werden, ohne eine Anzeige zu stellen und sich auf die Logik einzulassen, dass Gewalt nur da geschehe, wo sie im Nachhinein vom Gericht als “echt” anerkannt wird.

Unsere Abwesenheit nach der Räumung hatte auch irgendeine Wirkung, über die wir aber nur spekulieren können. Die Wirkung der Abwesenheit sollte aber nicht unterschätzt werden.

Ist es möglich, sich zum Gericht und den Vorwürfen, die einem gemacht werden, zu verhalten, ohne sich auf die Logik des Gerichts einzulassen?
Antwort zweiter Heini:
Rückblickend würde ich sagen, dass es möglich ist. Meine Prozesserklärung und die weiteren Vorbereitungen, welche wir getroffen haben, waren darauf aus, eine Sicht der Dinge zu vermitteln, die sich ganz klar auf die Misstände und Ungerechtigkeiten des Rechtsstaates beziehen, aber inhaltliche Fragen nach Schuld und Unschuld oder ähnlichem außenvor lassen.
Ebenso ist es möglich, Themen, die in direktem Bezug stehen, anzubringen, ohne sich dabei selber zu belasten.

Antwort Support-Kreis:
Wir sehen verschiedene Möglichkeiten, sich zu den Vorwürfen zu verhalten, ohne sich auf die Logik des Gerichts einzulassen. Mehr noch: die Logik des Gerichts kann aktiv in Frage gestellt werden. Der Rahmen und die Spielregeln, die vom Gericht vorgegeben werden, können mitgestaltet bzw. verändert werden.
Eine Möglichkeit liegt darin, dem Fokus des Gerichts, dem es (vermeintlich) um die Ermittlung von „Schuld“ und „Unschuld“ der angeklagten Person geht, entgegenzutreten und eine andere Perspektive zu eröffnen. In dieser kann die Legitimation des Gerichts infrage gestellt werden, zum Beispiel in der Prozesserklärung, durch Befragung der Zeug*innen (wenn Polizist*innen), über Beweisanträge etc.
Man könnte sagen, dass auch hier rechtsstattliche Mittel wie das Recht auf eine Stellungsnahme/Plädoyer gegen das Gericht genutzt wurden und somit die Logik ein Stück weit angenommen wurde. Vor dem Hintergrund der bestehenden Machtverhältnisse, ist dies jedoch eine der Wege, einen möglichst selbstbestimmten Weg vor Gericht zu gehen.

Wie viel Energie will mensch in Anti Rep Arbeit (bei eigener Betroffenheit) stecken? vs. Was kann mensch alles daraus lernen?
Antwort zweiter Heini:
An einem gewissen Punkt in der Vorbereitung habe ich mich aktiv dazu entschlossen, die Situation als Kampf/politische Arbeit zu akzeptieren und mich einzuarbeiten, mich tiefgehend damit auseinanderzusetzen und mir dadurch Handlungsspielräume zu erarbeiten. Ich wollte das Beste daraus zu machen.
Die daraus entstandene Arbeit habe ich nicht als belastend empfunden. Ich habe in den letzten Monaten, aber besonders in den vier Wochen vor dem Prozess, nahezu alles stehen und liegen gelassen um mich auf diesen Tag vorzubereiten. Die Argumentation, dass dies einen entscheidenden Teil der Represssion darstelle, zu der wir gezwungen werden, teile ich prinzipiell. Nur habe ich es als völlig gegenteilig wahrgenommen. Ich habe unglaublich viel gelernt, kenne nun Schlupflöcher im Justizsystem, habe nun eine sehr umfassende Kritik am Straf- und Rechtssystem für mich erarbeitet und zu guter Letzt mich selber vor Gericht behauptet, mich durchgesetzt, mich aktiv verhalten und die Schlupflöcher genutzt, die das System uns zur Verfügung stellt.
Kurz gesagt – ich bin durch und durch gestärkt aus diesem Prozess bis jetzt rausgegangen. Und auch mein Selbstbewusstsein hat einen guten Satz nach vorne gemacht. Die Tatsache, sich gegenüber dem “Staat” also Staatsanwaltschaft und Richterin zu behaupten, hat richtig gut getan und war weniger aufregend als gedacht. Ich glaube, das lag daran, dass ich durch die Vorbereitung so sehr davon überzeugt war, dass sie überhaupt kein Recht haben über mich zu richten, durch all die Fakten, die ich erarbeitet habe, dass mir jegliche Form von Respekt und Achtung vor dieser Institution und ihren Handlanger*innen fehlt.
Natürlich hat es mich sehr viel Energie gekostet, mir viele unruhige Nächte beschert und sicher kamen auch immer wieder mal kurze Zweifel auf. Aber das steht in keinem Verhältnis zu dem, was ich gewonnen habe an diesem einen Tag des Prozesses.

Antwort Support-Kreis:

Aus einer Situation der Ohnmacht, der Vorwürfe, der Angst, der Wut, der Betroffenheit –  eine Situation zu machen, in der die eigene politische Überzeugung zum Ausdruck gebracht werden kann und die als politisches Kampffeld selbst und aktiv gestaltet werden kann. So kann eine Situation erzeugt werden, in der die Angst vor Repression einem bewussten Umgang damit weichen kann und sich Einzelne selbstbestimmt entscheiden können, welche Formen von Repression sie sich aussetzen können.
Somit ist die Anti-Rep-Arbeit nicht nur ein Abwehrkampf, sondern birgt Potential für Empowerment und aktive politische Einflussnahme.
Allerdings ist Anti-Rep-Arbeit zur Unterstützung Einzelner definitiv viel Arbeit. Je nach Ausrichtung des Verfahrens kann es aber auch Auswirkungen auf weitere Verfahren haben (vgl. Frage zu politischer Relevanz). Das erlernte Wissen und gemachte Erfahrungen können an anderer Stelle genutzt werden.

An dieser Stelle ist uns ein Punkt der Selbstreflexion wichtig. Es sollte bedacht werden, dass es auch Ausdruck der eigenen gesellschaftlichen Position ist, wer sich wie frei dazu entscheiden kann, sich selber zu vertreten und damit ein höheres Strafmaß zu riskieren, auch wenn Erfahrungen immer wieder gegenteiliges zeigen. Habe ich den Zugang zu notwendigen Fähigkeiten/Skills zur Selbstverteidigung? Die Zeit mich vorzubereiten?
Wer sagt, aus politischer Überzeugung in den Knast zu gehen, kann sich das zumeist auch auf verschiedenen Ebenen leisten:

  • emotional Strategien zu haben, um es im Knast psyschich auszuhalten; ob mensch kleine Kinder hat etc.)
  • gender-spezifisch (Komme ich in den Knast, dem ich mich “zugehörig fühle” aufgrund von gender (Personen mit nicht binärer Geschlechtsidentität oder auf Transgeschlechtlichkeit bezogene Diskriminierungserfahrungen in einem geschlechterbinären Knastsystem)?)
  •  finanziell (Verliere ich meine Arbeit?; Erhalte ich weiterhin problemlos Geld vom Jobcenter?; Finde ich eine neue Arbeit?; Habe ich ein soziales Netz, das mich auffängt? etc.)
  •  aufenthaltstechnisch (Was bedeutet ein Knastaufenthalt für meine Zukunft?)
  • Weiteres (Werde ich einer Minderheit zugerechnet, die ständig kriminalisiert wird, sodass das Risiko von weiteren Anzeigen und Inhaftierungen aufgrund von Diskriminierung und nicht “nur” aufgrund von politischen Aktionsformen wie Blockaden o.Ä. besonders hoch ist?;
  • Ist meine Gesundheitsversorgung im Knast sichergestellt?; Wie komplex ist der Fall?
  • Welche Auswirkungen kann meine Strategie für andere Menschen haben, die auch im Visier der Justiz sind?;
  • Wie hoch ist das realistisch mögliche Strafmaß? Einfaches Strafrecht oder Terroranschuldigungen (§129)?;
  • Habe ich dauerhaften Support, auch während der Knastzeit?

Die Entscheidung zur Strategie ist also nicht einfach ein Abbild der politischen Überzeugung der betroffenen Person, sondern ein Zusammenspiel von politischer Überzeugung, politischen Prioriäten (wo will ich meine Energie reinstecken?) und gesellschaftlicher Position mit den daran hängenden Ressourcen.

Wo seht ihr  die Politische Relevanz und ggf. Potenzial von offensiven Gerichtsverfahren für die linke Szene/Bewegung?
Antwort Support-Kreis:
In einer offensiven Prozessführung kann die eigene politische Haltung aktiv, laut und öffentlichkeitswirksam zum Ausdruck gebracht werden. Gerade in Zeiten von fortlaufenden Gesetzesverschärfungen ist es von besonderer Relevanz, Strafbefehlen zu widersprechen und sich ggf. auch selber zu verteidigen. Allgemein ist es wichtig, sich gegen absurde Strafbefehle zu widersetzen. Auch da gibt es die Erfahrung, dass vom angesetzten Strafmaß im Strafbefehl nicht viel übrig bleibt.
Ein selbstbewusstes Vorgehen und die gemachten Erfahrungen vor Gericht können in die Szene getragen werden und so auch andere Menschen empowern sich zu widersetzen. Das muss nicht gleich bedeutet, sich selbst zu verteidigen; Sand im Getriebe kann auch bedeutet, Widerspruch gegen Strafbefehle einzulegen und sich dann vertreten zu lassen.
Außerdem kann der Staatsanwaltschaft und den Gerichten gezeigt werden, dass sie mit ihren absurden Vorwürfen nicht so leicht durchkommen. Indem Gerichtsverfahren eingefordert werden, sind Gerichte aufgrund ihrer geringen Kapazitäten schnell überfordert. Das wiederum kann perspektivisch dazu führen, dass sich die Justiz überlegt, was sie einer Person genau im Strafbefehl vorwirft.
Die von uns gemachten Erfahrungen müssen auch deshalb weitergetragen werden, da die Prozessführungen in den letzten Jahren, seit den G8-Protesten bei Rostock, defensiver geworden sind. Dadurch gibt es immer weniger weitergetragenes Erfahrungswissen, was den Effekt bei Betroffenen verstärkt, sich ebenfalls defensiv zu verhalten.
Darüber hinaus kann eine offensiven Prozessführung dazu beitragen, den abgeschlossenen Charakter des Gerichts zu durchbrechen. So kann mehr Aufmerksamkeit auf die Missstände im Rechtssystem gelenkt werden. Kein Verhandeln und Verurteilen hinter verschlossenen Türen!
Zuletzt können solche Gerichtsverfahren als Plattform genutzt werden, um Kritik am Staat, an der Polizei, am Rechtsstaat etc. offensiv zum Ausdruck zu bringen.

Was hat dem zweiten Heini in der Vorbereitung geholfen?
Antwort zweiter Heini:
Als aller erstes möchte ich an dieser Stelle die Soligruppe erwähnen, die uns drei Heinis umgibt. Ohne sie wären sehr viele Dinge gar nicht möglich gewesen. Ich hatte zu jeder Zeit das Gefühl, Leute hinter mir stehen zu haben, nicht allein zu sein. Die mir gebotene Hilfe hat sich von emotionaler Begleitung, über Begleitung zu anwältlichen Beratungsgesprächen, Prozesserklärung ergänzen und korrigieren, Artikel schreiben und Kundgebung organisieren erstreckt und mir so den nötigen Rückenwind gegeben, mich derartig in die Vorbereitung zu stürzen.
Geholfen haben mir ebenso wiederkehrende Gespräche mit Antwält*innen über Schlupflöcher oder Rücksprache von Handlungsideen vor Gericht, um so mein selbstinszeniertes Schauspiel gut vorzubereiten 🙂

Wie kann Empowerment in der Anti-Repressions-Arbeit aussehen?
Antwort Support-Kreis:
Empowerment (in der Anti-Rep-Arbeit) hat viele Seiten. Da gibt es einerseits natürlich den emotionalen Support, v.a. für die angeklagte Person, aber auch untereinander. Darüber hinaus haben wir uns gegenseitig zu Handlungen ermutigt und bestärkt, die wir vorher nicht für machbar hielten oder die wir einfach noch nicht gemacht haben – von „kleinen“ Dingen wie das (Mit)schreiben an einer Prozesserklärung, Störaktionen im Gericht usw., Redebeiträge auf einer Kundgebung bis hin zur eigenen Verteidigung vor Gericht.
Außerdem haben wir gemeinsam über (politische) Strategien vor Gericht und Drumherum diskutiert und abgewägt, was für die angeklagte Person und den Support-Kreis möglich und gut ist.
Auch wenn es natürlich nur der eine Heini war, der sich de facto vor Gericht selbst vertreten hat, ist es empowernd, Teil der Vorbereitung zu sein.

Wie war der Tag bei Gericht? Hat euer Plan geklappt?
Antwort Support-Kreis:
Der Tag hat nicht nur gezeigt, dass wir gemeinsam den Rahmen des Gerichts mitbestimmen können, dass eine aktive inhaltliche und praktische Auseinandersetzung mit all dem, was an Repression dranhängt (Logiken des Gericht, Rechtsstaat, Polizeigewalt etc.) zu politischer (und empowernder) Arbeit werden kann, sondern auch, dass die gemeinsame Arbeit in der Anti-Rep-Gruppe ein Vertrauen untereinander geschaffen hat, auf welches wir uns stützen können.
Das Annehmen von viel Arbeit und Verantwortung und auch noch innerhalb sehr kurzer Zeit und im Sommerloch hat für uns zu einem sehr bestärkenden Resultat geführt.

Was hat euch am Verlauf des Verfahrens besonders überrascht?
Antwort Support-Kreis:
Dass es aufgehen kann, wenn eine Strategie vor Gericht darauf ausgelegt ist, nur eigene Inhalte zu setzen und den ganzen Gerichtsrummel außen vor zu lassen. Um es von einer anderen Seite zu betrachten: Die ganze Inszenierung vor Gericht ist so sehr auf die Autoritarität der Richterin aus, dass sie überhaupt nicht bemerkt hat, das wir da waren, um unseren eigenen Handlungsspielraum vor Gericht kurz auszunutzen und danach wieder zu gehen. Das klingt nicht so, als ob wir viel gewonnen hätten, aber das Gericht ist vielleicht auch einfach nicht der Ort, um viel zu gewinnen. Die Urteile sind in den allermeisten Fällen so von Bullenzeug*innen beeinflusst, dass uns in diesem Fall eine Verteidigung einfach nicht interessiert hat.

Was würdet ihr das nächste mal anders machen?
Antwort Support-Kreis:
Das klarste was mir dazu einfällt: Alles!
Aber das ist nicht so gemeint, dass ich finde, wir hätten irgendwas schlecht oder falsch gemacht. Es ist nun mal so, dass jede von Repression betroffene Person sich neu auf die Situation einstellen muss. Die Strategie, wie mit dem Druck vom Staat umgegangen wird, muss irgendwie zu der Person passen bzw. es muss eine gewisse Bereitschaft da sein, sich auf die Handlungsspielräume, die sich ergeben, einzulassen.
Darüber hinaus gibt es verschiedene kleine fiese Tricks, wie Richter*innen genervt und damit sukzessive in ihrer Autorität begraben werden können. Die kollektive Verabredung des Publikum zu Gesten oder Geräuschen bei häufig wiederkehrenden Formulierungen hat sich an dieser Stelle als sehr passend erwiesen. Transpis im Gerichtssaal, vollgeschmierte Klos oder Flure sind weitere Möglichkeiten, um den kleinen Handlungsspielraum vor Gericht auszureizen und zu erweitern.

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Prozessbericht zweiter Heini

Der Zweiten Heini stand nun auch vor Gericht. Er wurde vor gut 2 Jahren am Heinrichplatz mit den Zwei anderen Heinis am Ende einer Kundgebung festgenommen, bei der die Polizeigewalt während der G20 Proteste in Hamburg öffentlich kritisiert wurde. Der Prozess verlief ungewöhnlich, was wohl auch daran lag, dass der Zweite Heini sich selber verteidigt hat.

 

Gestern, am 15.8.2019 stand der zweite Heini vor Gericht. Der Prozesstag verlief ungewöhnlich, vielleicht auch dadurch, dass der zweite Heini sich selbst verteidigte. Doch dazu später mehr in einem anderen Artikel.

Der Verhandlungsraum wurde kurz vor dem Prozess verlegt, sodass nun 30 statt 15 Zuschauer*innen Platz haben würden. Wir gehen davon aus, dass das aufgrund eines Antrags des zweiten Heini geschehen ist. Oder wollten Sie, vorsitzende Richterin Stoppa, es sich einfach doch nicht nehmen lassen, verschärfte Sicherheitskontrollen am neuen Eingang durchzusetzen? Denn bloß ein größerer Raum wäre ja sicherlich auch so möglich gewesen. Alle Zuschauer*innen mussten nun Durchsuchungsmaßnahmen über sich ergehen lassen. Mit in den Gerichtssaal durften nur Zettel und Stift. Die Sicherheitskontrolle verzögerte den Verhandlungsbeginn um mindestens eine Stunde. Der zweite Heini ließ es sich aber nicht nehmen, das Gerichtsgebäude nach pünktlichem Erscheinen wieder zu verlassen, um mit den solidarischen Prozessbegleiter*innen gemeinsam draußen zu warten. Wer wartet schon gern allein – beziehungsweise mit Richterin und Staatsanwältin?

Nachdem dann endlich alle durch die Schleusen waren und im Saal Platz genommen hatten, eröffnete die Richterin die Verhandlung. Die Staatsanwältin servierte die Anklageschrift. Irgendwas mit Landesfriedensbruch, gemeinschaftlichem Widerstand und Gefangenenbefreiung. Vielleicht noch etwas Soße dazu?
Kurz darauf fiel auf, dass drei Plätze nicht belegt waren. Daraufhin forderte der zweite Heini die Richterin formlos dazu auf, noch vor dem Gericht wartende solidarische Personen herein zu lassen. Das Publikum half dabei lautstark mit und gab unter anderem den Tipp, dass er einen schriftlichen Antrag einreichen solle. Sie versuchte die Aufforderung zu ignorieren, doch der Heini forderte wiederholt mit Nachdruck, sie möge dann wenigstens ihre Entscheidung ins Protokoll aufnehmen!

In diesem Moment – wenige Minuten nach Verhandlungsbeginn – platzte der Richterin das erste Mal der Kragen, und sie ließ den Raum für eine 5-minütige Pause räumen. Wieder drinnen angekommen, konnten die Zuschauer*innen den autoritären Charakter der Richter*innen-Rolle erfahren: auf jede weitere Lautäußerung würde mit Ausschluss der Öffentlichkeit geantwortet werden. Zur Sache wollte sich der zweite Heini dann sowieso nicht äußern, allerdings hatte er eine Prozesserklärung mitgebracht, und die hatte es in sich.

Die Prozesserklärung trug der zweite Heini in den nächsten 45 Minuten einem gebannten Publikum sowie der Richterin und Staatsanwältin, die ihr Interesse doch nicht ganz verbergen konnten, vor. Er sprach darüber, wie er das sieht mit Gerichten, Strafe, Staatsanwält*innen, Bullen und machte zum Schluss auch noch Vorschläge die ganze Scheiße zu ändern! – Für eine Welt ohne Knäste!

Nach der Erklärung konnten sich einige Zuhörer*innen nicht zurückhalten, applaudierten und freuten sich über die gelungene Prozesserklärung. Dann ging auf ein Mal alles sehr schnell. Die Richterin sah den Applaus als deutlichen Regelbruch und zog die sprichwörtliche Reißleine. Der ausgelöste Alarm machte die Justizbeamt*innen nun ganz aufgeregt und sie fingen an die Anwesenden aufzufordern, unverzüglich den Raum zu verlassen und zogen sich die Handschuhe an. Wir möchten uns an dieser Stelle bedanken für die Wichtigkeit, die Sie, Frau Stoppa, uns durch den Alarm beigemessen haben. Auf die Räumung des Saals wurden zwei Transpis entrollt: Solidarität mit den drei Heinis! & Für eine Welt ohne Knäste!

Es gab kurze Rangeleien mit den Justizbeamt*innen, die die Transpis haben wollten, aber die Menge nutzte den Moment und ging geschlossen in den Vorraum, der auf einmal von Bullen und Justizbeamt*innen nur so wimmelte. Als ob im Keller des Amtsgericht irgendwo ein großer 3D Drucker steht, der das Dreckspack auskotzt. Alle solidarischen Besucher*innen wurden wieder vor die Tür des autoritären Gebäudes gelassen.

Der zweite Heini war auf die mögliche Räumung des Saals vorbereitet. Wenn die Leute gehen müssten, dann wollte er auch gehen. Kann ja nicht sein, dass die Leute so rausgeschmissen und geschubst werden. Also sagte er: “Ja dann geh ich aber auch. Können Sie alleine machen hier.” Völlig irritiert schaute Frau Stoppa von ihrem Zettel auf und wunderte sich, was der Heini da machte: “Was machen Sie denn jetzt?” – „Na, ich gehe auch! Durch meine Ladung bin ich belehrt worden, dass meine Anwesenheit nicht notwendig ist, und das gibt mir die Möglichkeit, Ihr ganzes Schauspiel nicht mitmachen zu müssen!“ Daraufhin schaute Frau Stoppa etwas verdattert drein. Der Heini darauf: „Gut, dann gehe ich jetzt!“

Was danach über das Schicksal des zweiten Heinis weiter verhandelt wurde, wissen wir nicht.
Aber am Ende ist es auch egal. Wir haben an diesem Tag offensiv kundgetan, was uns wichtig war – der Rest ist Willkür. Das Urteil wurde am Abend noch durch einen Presseartikel bekannt. Der Heini wurde in Abwesenheit zu 150 Tagessätzen verurteilt.

Zu guter letzt noch das Schlusswort der Prozesserklärung:

“Gegen die vermeintliche Erhaltung der Ordnung. Gegen das Knastsystem. Gegen die daraus entstehenden wirtschaftlichen Faktoren. Gegen den Ausschluss von Insassinnen in der Gesellschaft. Gegen Bullen und ihre Gewalt. Gegen die Richtenden und noch viel mehr gegen die Staatsanwältinnen. Gegen ihre Willkür in Urteilen, die das Leben von Menschen zu Unrecht einschränken. Gegen Misshandlungen und Vergewaltigungen. Gegen die Wertungslogik von Gut und Böse. Und Gegen den Rechtsstaat…….. der ja eigentlich gar keiner ist.

Und Sie erwarten allen Ernstes, dass ich Ihnen gegenüber Respekt habe. Dass ich mich Ihrem System beuge, es anerkenne, mich vor Ihnen rechtfertige und dann zu guter letzt auch noch verurteilen lasse? Das können sie sich aber gewaltig in die Haare schmieren. Vor Ihnen habe ich keinen Respekt und erst recht keine Achtung, denn Respekt gebührt denen, die sich respektierlich verhalten, nicht denen die versuchen mit Angst und Ungerechtigkeit künstlichen Respekt zu erzeugen!!

Wir sind Dieb*innen, Betrüger*innen, Übeltäter*innen und Aktivist*innen, – wir sind die Funken an der Lunte der befriedeten Gesellschaften. Wir sind eine Bewegung. Je mehr Repression es gibt desto größer wird der Widerstand. Wir lassen uns nicht ersticken.

Wir bleiben unbequem!”

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Besser spät als nie?!

Nachdem das zweite Verfahren jetzt durch ist und sich bei uns immer mehr Texte sammeln, die einfach mal veröffentlicht gehören, haben wir uns entschieden einen Soli Blog für Die Drei Heinis einzurichten.

Hier folgen in Kürze Artikel, Prozessberichte, Prozesserklärungen usw.

Solidarische Grüße

Die Drei Heinis und ihre Crew

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