Prozessbericht Berufung der ersten Heini, Teil 2

Lange mussten wir ja auf den zweiten Prozesstag nicht warten, gleich am folgenden Montag ging es weiter. Der Richter, wohl auch schon in Vorfreude eines frühen Feierabends, ließ das Aufsteh- und Ehrehrbietungsgedöns kurzerhand aus. Nicht gleich wieder eine Niederlage zu Beginn.

Vorne weg, auch heute waren nur Bullenzeugen geladen, auf denen die gesamte Anklage beruht. Wie am letzten Verfahrenstag schon angeschnitten wurde, ist der Bullenzeuge ein besonderer Zeuge. Nicht nur, weil ihm vom Gericht besonders viel Glaubwürdigkeit attestiert wird, sondern vor allem weil seine sogenannten persönlichen Erinnerungen häufig eher ein Gemeinschaftskonstrukt von einer Gruppe von Anklägern ist. Dadurch gibt es eine klare Geschichte, die alle Bullen unabhängig von einander ähnlich schildern können. Wenn es nun allerdings zu Fragen rechts und links des Weges kommt, Details abgefragt werden oder Widersprüche aufgezeigt werden, kommen die sogenannten „professionellen Zeugen“ ordentlich ins schlingern.

Die Reaktion auf die Unsicherheiten durch die Befragung des solidarischen Anwalts fiel bei Allen ein wenig anders aus. Allerdings lassen sich Gemeinsamkeiten feststellen, eine Wesensverwandtschaft dieser Männer, die gewohnt sind in Uniform rumzurennen. Eine gewisse Nervösität bis hin zur Aggressivität zeigte sich häufig bei kritischen Nachfragen. Die gespielte Gelassenheit, fiel dann oft direkt in sich zusammen und was dabei raus kam, war stark abwertendes Verhalten gegenüber der „Angeklagten“, das sich nur als misogyn und sexistisch beschreiben lässt. Die Bullen legen dabei einen Habitus an den Tag, der vor Verachtung für linke Proteste strotzt und die eigene gewalttätige Männlichkeit als völlig Normal darzustellen versucht.
Aber wehe eine Frau wehrt sich gegen diese hegemoniale uniformierte Männlichkeit, und sei es nur durch eine kritische Nachfrage, dann wird ihr das Frau sein einfach abgesprochen, dann ist sie in dieser Denke nur noch eines – Straftäterin!

Dieser Bullenhabitus zieht sich bereits durch das ganze Verfahren und ist für alle, die regelmäßig mit ihnen zu tun haben, nichts neues. Das Feindbild „Links“ ist dabei wie der Polizeisoziologe Rafael Behr zum Schluss des Tages zitiert wurde, zentraler Bezugspunkt für viele Bullen.

Der erste Zeuge dieses Tages, verhedderte sich direkt in den Fragen des Anwalts. Ungefähr eine Stunde schaffte er es noch sein selbstgefälliges Verhalten aufrecht zu halten. Zum Schluß der Befragung fiel das ganze Konstrukt aber in sich zusammen und er musste zugeben, dass er den angeblichen Kehlkopfschlag gar nicht selbst gesehen hat.
Ist auch komisch wenn die zeugenschaftliche Äusserung und die Anzeige, denselben Wortlaut haben und er vorher gesagt hatte, dass die Anzeige gemeinsam formuliert wurde. Pech gehabt, so verheddert man sich, obwohl der gute Kolllege doch noch sein Schmerzensgeld kassieren will. Da hast du dem Ka. wohl einen Bärendienst geleistet, Lu.!

Wie schon zu Prozessbeginn fiel auch hier der Richter wieder positiv auf, nachdem ihm beim letzten Prozesstag aus dem Publikum vorgeworfen wurde keine kritischen Fragen zu stellen, probierte er es diesmal zumindest ansatzweise kritisch. Wir begrüßen diese Lernfähigkeit!

Der nächste im Bunde, war der unerträgliche Ko.. Mit seinen Aussagen dass die „Angeklagte“ „wie ein Schwein am Spieß geschrien habe“ trieb er den oben genannten Bullenhabitus auf die Spitze.
Und auch bei ihm spielt wieder das gemeinsame Gedächtnis der Bullenzeugen eine Rolle. Genau wie der Bulle Ka. erzählte er in einem vorangegangenen Prozess die Heini sei einem Bullen auf den Rücken gesprungen. Was erstens Schwachsinn ist und zweitens er sich heute auch nicht mehr dran erinnern kann. Schön blöd wenn einem der Kollege Quatsch in Ohr flüstert.

Das allerletzte an diesem Tag war der Polizeiführer des Abends. Mit hochrotem Kopf spielte der Bulle zunächst den Gelassenen. Allerdings hielt das nicht lange vor und so bot sich dem Publikum eine grandiose Show, wieso der Bulle Berichterstattung zum G20 Gipfel als pures Hassvideo betitelt. Am Ende ist alles ganz einfach – er hat es so wahrgenommen! Keine Argumente, bitte! Wenn der Polizeiführer das so wahrnimmt, dann ist das so! Der Dampf, der ihm aus den Ohren kam, soll bis in die letzte Reihe des Publikums gesehen worden sein.

Zum Abschluß des Tages probiert die Heini, dann noch dem Richter vor Augen zu führen, in welchem Maße sie durch die von den Bullen an den Tag gelegten Aggressionen und Anfeindungen gegen sie als Person und im speziellen als Frau betroffen ist. Dazu fordert sie ihn auf, dass er eine Aussage trifft, ob er diese Aggressionen auch bemerkt habe und ihr gegenüber neutral eingestellt ist. Doch darum drückt er sich dann leider und verweist auf den Charakter des Gerichts und seine Unabhängkeit. Zuletzt ließ es sich auf ein weiteres Nachfragen entlocken, dass er alles sehe. Auf dass er auch die etlichen Widersprüche der Zeugen sieht!

Der nächste Prozesstag ist am 7.9.2020 um 13.30 Uhr wieder im Raum 101

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